Positionierung der IT in der Unternehmung

Eine Betrachtung aus Controllersicht

Die Informationstechnologie, kurz IT, hat sich im Verlaufe der letzten Jahre zum wichtigsten Informationsverarbeiter und -träger im Unternehmen entwickelt. Ob es sich um Daten für die einzelnen (internen) Fachbereiche - wie Rechnungswesen, Marketing, Werbung, Entwicklung, oder die Datenvermittlung via. Internet handelt: ohne IT funktioniert (fast) nichts mehr, IT ist als Medium nicht mehr wegzudenken.


Was vor mehr als 40 Jahren mit der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) begonnen hat, ist in den 80er- und vor allem in den (späten) 90er-Jahren in einem vergleichsweise explosionsartigen Tempo zum weltumspannenden Informations- und Kommunikations-Moloch angewachsen. Waren es früher die für kommerzielle Zwecke eingesetzten Computer, haben insbesondere die Telekommunikationsindustrie mit dem Handyboom und das von den grössten Softwarehäusern gepuschte Internet zu dieser herausragenden Position von IT geführt. Gleichzeitig ist die Geschwindigkeit der Verarbeitung um ein Mehrfaches angestiegen; ein Ende ist offenbar nicht abzusehen. In der nächsten Phase sind alle Beteiligten (Entwickler, Produzenten, Verkäufer und nicht zuletzt auch wir Anwender) dazu aufgerufen, die teilweise über die Vorstellungen des Einzelnen hinausragenden Angebote einzuordnen. Einzuordnen in die täglichen Abläufe, nutzungsgerecht und bedarfsorientiert. Dazu gehört auch, dass wir uns vermehrt Gedanken machen über die Verhältnismässigkeit von Kosten und Nutzen; denn nicht alles was IT kann ist auch nützlich...

Funktionen der IT im Gesamtunternehmen
IT ist in erster Linie als Dienstleistung für das Unternehmen zu sehen; wenn wir von den Firmen absehen, welche IT verkaufen (Hardware, Software, Beratung) - was letztlich ja dann doch auch Dienstleistungen sind... Eine Dienstleistung kann aber nur jemand erbringen, der vom operativen Geschäft etwas versteht, resp. Zugang zu den betreffenden Informationen hat. Das fängt damit an, dass Vision und Strategie des betr. Unternehmens bekannt sein müssen, wenn z.B. eine IT-Strategie entwickelt werden soll; diese muss konsequenterweise in die übergeordnete Unternehmensstrategie «passen». Das bedeutet, dass auch die organisatorischen Strukturen, die Prozesse, die Produkte und schliesslich der Markt für die IT-Führungskräfte und -Mitarbeiter keine unbekannten Grössen sein dürfen. Je präziser die Kenntnisse über das Unternehmen und dessen Umfeld sind, desto passender kann IT integriert werden.

«Der Nutzen der Informationstechnologie ist dann optimal, wenn sie nicht als Insellösung konzipiert ist, sondern sich den Voraussetzungen und Zielen des Gesamtunternehmens unterordnet, beziehungsweise diese berücksichtigt.»

Von der Vision zur Unternehmensstrategie

In der Literatur ist die Rede von Vision, Leitbild, Strategie, von operativer Tätigkeit. Was aber ist unter diesen Begriffen in der Praxis zu verstehen?

Vision (auch Mission) steht für eine Idee, eine Aufgabe oder eine Innovation; ein Leitbild konkretisiert die Vision; die Strategie bedeutet im Sinne des Leitbildes «die richtigen Dinge tun» (Ziele setzen); operative Tätigkeit heisst aufgrund der Strategie «die Dinge richtig tun» (Ziele erreichen). Bei näherer Betrachtung entsprechen die einzelnen Begriffe den Phasen für Planung und Realisierung von unternehmerischem Tun. Sie machen auch deutlich, dass in der heutigen, schnelllebigen Zeit geeignete Instrumente zur Verfügung stehen müssen, damit einerseits die Datenverarbeitung, andererseits aber auch die Kommunikation, die ständige Analyse, und nicht zuletzt auch die Bereitschaft für Massnahmen und/oder Änderungen von festgelegten Zielen ermöglicht werden. Bei diesem umfassenden Unternehmensprozess spielt die Informationstechnologie eine Schlüsselrolle. Diese kann sie jedoch nur dann wahrnehmen, wenn einerseits die von der Führung und den Mitarbeiternden gemeinsam zu lebende Unternehmenskultur die lückenlose Einbindung der IT in allen Phasen der Planung und Umsetzung zulässt. Andererseits müssen sich die Verantwortlichen der IT bei ihren Aktionen der Gesamtzielsetzung des Unternehmens bewusst sein; Entscheidungen dürfen nicht losgelöst davon getroffen werden. Die Strategie spiegelt die Policy für das Gesamtunternehmen sie zeigt die Marschrichtung mit klar definierten Zielsetzungen an. Diese werden in der «Strategischen Planung» festgehalten, und berücksichtigen sämtliche Belange des Unternehmens, sowohl was die interne Organisation betrifft wie auch das gesamte Umfeld. Mit der Umsetzung der Strategie beginnt die aktive Mitwirkung der IT; die Unterstützung reicht von der Inanspruchnahme von Datenbanken, der Erarbeitung von Analysen und Simulationsrechnungen, bis zur Darstellung von Zahlenübersichten, Grafiken oder Charts zur Visualisierung von spezifischen Aufgaben einzelner Abteilungen und Mitarbeiter.

Organisatorische Einbindung der IT in die Unternehmung

Um den im ersten Abschnitt beschriebenen Stellenwert der IT zu erreichen, sind die Weichen bereits bei der Festlegung der Organisationsstruktur richtig zu setzen. Was vor 20 Jahren als Unterabteilung dem Chef Rechnungswesen zugeordnet wurde, ist heute als eigenständige Abteilung entsprechend der hohen Verantwortung hierarchisch «ganz oben» anzusiedeln. In grösseren Unternehmen ist deren Leiter oftmals sogar Mitglied der Geschäftsleitung.

Ebenfalls ist man in den letzten Jahren - je länger je mehr - von der gleichzeitigen Führungsverantwortwortung für die IT und einen zusätzlichen Fachbereich abgekommen. Damit wird auch die Sonderstellung der IT als organisatorische Einheit im Unternehmen unterstrichen.

IT ist überall im Unternehmen verankert: Bildschirme, Eingabegeräte, CAD-Geräte, Videogeräte zur Fernübermittlung, Beamer, Server, NC-Steuerungen... und auch Telefongeräte. Kurz, alles was mit Datenverarbeitung und Kommunikation - intern oder extern - zu tun hat, wird heute durch die IT gesteuert.

Diese beinahe als Vormachtstellung zu bezeichnende Position im Unternehmen führt zwangsläufig dazu, Projekte - ob für die Verbesserung von Prozessen, für die Produktentwicklung oder für organisatorische Aufgaben - mit Unterstützung der IT abzuwickeln.

Um für das Management ein «Gegengewicht» zu setzen ist dabei das Controlling gefragt, denn sowohl die Planung und Steuerung im Gesamtunternehmen als auch in der IT sind permanent betriebswirtschaftlich zu begleiten. Diese Aufgabe setzt hohe Qualitätsansprüche voraus, die mittels geeigneter Controllinginstrumente sowie eines entsprechend ausgebauten Qualitäts-Managements erfüllt werden müssen.

Balanced Scorecard und IT
Die weiter oben beschriebene «Unternehmensstrategie» setzt die Ziele fest, die über die operativen Tätigkeiten umgesetzt werden müssen. Als geeignetes Instrument hat sich in den letzten Jahren die Balanced Scorecard (BSC) erwiesen, entwickelt von R. Kaplan und D. Northon in den USA.

Definition der Balanced Scorecard
Das Konzept der Balanced Scorecard erlaubt Unternehmen, langfristig angelegte Visionen und Strategien wirkungsvoll in Aktionen umzusetzen. Neben finanz- und ergebnisorientierten Grössen berücksichtigt die BSC auch nichtmonetäre Elemente zur Ergebnisbeurteilung. In ihrer klassischen Form besteht sie aus der Finanz- und Wertperspektive, der Markt- und Kundenperspektive, der Internen Prozessperspektive sowie der Innovations- und Mitarbeiterperspektive (= Potenzial)

Die Kennzahlen aller vier Perspektiven sollen durch Ursache-Wirkungsketten miteinander verbunden sein und vor allem dafür sorgen, dass die personellen und materiellen Ressourcen zur Verwirklichung der zukünftigen Erfolgspotentiale des Unternehmens eingesetzt werden.

Zur besseren Einbindung der Mitarbeiter in die Führungsverantwortung können auf der Basis von BSC-Messgrössen individuelle Zielvereinbarungen getroffen und in die Entlöhnung miteinbezogen werden.

Die Balanced Scorecard ist damit nicht nur ein Kennzahlen- sondern auch Führungs-, Lern- und Kommunikationssystem!

Es steht ausser Frage, dass sich die Balanced Scorecard auch zur Umsetzung der IT-Strategie eignet. Umgekehrt dient die IT ihrerseits als «Datenverarbeiter» dem Handling der Balanced Scorecard - ob mittels selbstgestrickten Excelprogrammen oder am Markt angebotener Software.

Die Voraussetzungen für den Einsatz einer IT-BSC unterscheiden sich nicht wesentlich von der üblichen Form: Es muss eine klar definierte IT-Strategie vorhanden sein; dazu sind einige Regeln einzuhalten:

  • Die organisatorische Einbettung von IT mit einer eindeutig definierten Rolle im Unternehmen
  • Integration der IT-BSC in die Unternehmens-BSC
  • Verpflichtende Zielsetzungen für Führung und Mitarbeiter
  • Sicherstellung eines Coaching der BSC (für Konzipierung und Umsetzung)
  • Begleitung der BSC mittels wirksamer Controlling-Instrumente

Risk-Controlling und IT
Zum Unternehmertum gehören auch Risiken. Damit muss man leben. Die Kernfrage lautet: Wie werden Risiken erkannt, und mit welchen Massnahmen können sie vermindert oder gar verhindert werden? Ausserdem ist festzulegen, wer für die verschiedenen Risiken verantwortlich ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Art des Risikos und seine Eingrenzung im Rahmen des jeweiligen Geschäftsfeldes. Fragen über Fragen also, die zu lösen grundsätzlich der Führungsebene eines Unternehmens obliegt.

Dies gilt ganz speziell auch für die Risiken in der Informationstechnologie, denn oftmals hängt der Erfolg oder Misserfolg für einen Geschäftsbereich oder ein Projekt von einem gut organisierten, optimal funktionierenden IT-System ab. Eine wichtige Komponente stellen die Sicherheitsrisiken bezüglich Transfer und Archivierung von Daten sowie deren Vertraulichkeit dar, die mit Hilfe von geeigneten Frühwarnsystemen vermieden, oder zumindest reduziert werden können. Es empfiehlt sich - unabhängig von der Grösse eines Unternehmens - ein Risiko-Management-System zu installieren, denn die Erfahrung zeigt, dass die dafür eingesetzten Kosten durch Einsparungen für nicht eingetretene Risiken oft durch ein Mehrfaches übertroffen werden.

IT - die unverzichtbare Macht der modernen Unternehmensführung
Die rasend schnelle technische Entwicklung von Datenübermittlungs- und Kommunikationssystemen «verunmöglichen» es praktisch, ein Unternehmen heute so zu organisieren und zu führen, wie dies noch vor wenigen Jahren der Fall war; einige wenige Ausnahmen ausgeschlossen.

Unternehmen, welche am Markt konkurrieren, haben keine Chance, ihre betriebswirtschaftlich erforderlichen Informationen auf einem andern Weg als von der «allen und jedem» zur Verfügung stehenden, weltumspannenden IT zu beziehen, sei es vor Ort oder via Internet: Produkte werden in kürzerer Zeit entwickelt und haben auch eine kürzere Lebensdauer, die Angebote am Markt werden nicht mehr nach Wochen neu angepriesen sondern nach Tagen, die Manager wollen erste Resultate unmittelbar nach Beendigung eines Projektes oder einer Berichtsperiode usw. Bei all diesen Beispielen nimmt die IT eine mitentscheidende Rolle ein - sowohl im Vorfeld der jeweiligen Veränderungsprozesse, wie auch bei der notwendigerweise durch die IT zu unterstützende Verarbeitung der entsprechenden Informationen. Der PC am Arbeitsplatz (und oft ein zusätzlicher Laptop für das Arbeiten zuhause) ist heute Standard; für jede Art von Berechnungen betr. Kalkulation, Simulation, Benchmarking usw. werden spezielle IT-Programme benutzt. Die Vorteile des Internet werden von immer mehr Menschen erkannt... Und weil alles unternehmerische Tun auf jeder Stufe zwangsläufig zu betriebswirtschaftlichen Überlegungen und Auswertungen führt, ist es nichts als selbstverständlich, dass auch diese mit Unterstützung der IT erfolgen. Die Bedeutung von IT im New Business ist selbsterklärend: Ohne IT gäbe es per Definition gar kein New Business. Allerdings haben wir diesbezüglich momentan noch «keinen allzu festen Boden unter den Füssen». Die nächsten Jahre müssen zeigen, ob die Geschäftswelt wenigstens ansatzweise das von Insidern propagierte Niveau und die Konstanz erreicht.

Schlussbemerkungen
Ich habe versucht, die Bedeutung der Informationstechnologie vor dem Hintergrund der Gesamtfunktion des Unternehmens ansatzweise darzustellen. Dabei hat sich gezeigt, dass der überwiegende Teil des Unternehmensprozesses ohne IT nach heutigen Anforderungen nicht durchführbar wäre. Es liegt damit auf der Hand, die Positionierung der IT insgesamt auf einem hierarchisch-organisatorisch hohen Niveau vorzunehmen.

Bei aller Bedeutung die diesem Medium zugemessen wird, sollten wir aber daran denken, dass

  • die Mittel der IT Hilfsmittel für unsere tägliche Arbeit darstellen
  • die IT keine Unternehmensentscheide trifft, sondern dem Management hilft, Entscheidungen treffen zu können
  • sicherzustellen ist, dass bei der Frage der Bewertung von einzelnen Leistungen der IT nicht die Kostenhöhe im Vordergrund stehen darf, sondern diese mit der jeweiligen Bedeutung für den Erfolg des Unternehmens zu korrelieren hat
  • IT nicht das Denken der Anwender ersetzen kann

Fazit: Die Informationstechnologie hat im Unternehmen von heute eine gefestigte, nicht mehr wegzudenkende Position und ist damit für alle Führungskräfte, für Controller und auch für die Manager auf höchster Ebene, als ernstzunehmender Führungsfaktor zu bezeichnen.

Quelle: Autor Hermann Jenny, E-Mail: hermann.jenny(at)bluewin.ch