Die wirksame Unternehmensaufsicht

Die Verwaltungsratsorgane befinden sich, zumindest formal, an den Schalthebeln der Macht einer modernen Gesellschaft und ihrer Wirtschaft. Daher stehen sie auch regelmässig im Brennpunkt der Kritik. Ist diese Kritik fundiert und gerechtfertigt? Leisten die Spitzenorgane, insbesondere der Verwaltungsrat das, was sie leisten können? Worin bestehen die tatsächlichen Aufgaben? Wie steht es um ihre Macht, Verantwortung und Haftung? An welchen Massstäben ist ihr Handeln zu messen und zu beurteilen? Wie kann die Wirksamkeit sichergestellt werden?

Diese und zahlreiche weitere Schlüsselfragen der modernen Unternehmensführung finden sie in dieser Zusammenfassung Fredmund Maliks Buch "Wirksame Unternehmensaufsicht" - ISBN 3-85823-702-7.

Einleitung / Vorwort
Zwar sind die Rechtsordnungen in den einzelnen Ländern sehr verschieden, die Führungsfragen sind aber überall gleich, und zu einem erheblichen Teil können sie auch gleich beantwortet werden. Erscheinungsformen und Stil der Führung mögen je unterschiedlich sein, aber letztlich gibt es nur eine Art der Führung - nämlich richtige und wirksame.

Diese Zusammenfassung richtet sich zunächst und vor allem an die Mitglieder des Verwaltungsrates und an alle Eigentümer von Unternehmen, darüber hinaus sollte es für alle jene von Interesse sein, die mit Angehörigen des Top-Management zusammenarbeiten müssen - also für alle, die ein Interesse an einer gut funktionierenden Wirtschaft und Gesellschaft haben.

Die Grundthese dieser Zusammenfassung lautet: Der Verwaltungsrat kann und soll führen - in einem ganz bestimmten Sinne selbstverständlich und unter Wahrung der Funktionsfähigkeit und Integrität des Exekutivorganes.

Diese Zusammenfassung soll ein praktisches Brevier dafür sein, die Gesamtführung und insbesondere den Verwaltungsrat wirksam zu gestalten.

Soll der Verwaltungsrat führen?
Eine moderne Gesellschaft und ihre Wirtschaft kommen wohl ohne Führer aus, aber nicht ohne Führung. Wie soll sie aussehen, wie soll sie funktionieren? So heikel das Thema ist, Führung wird wichtig sein; um so mehr, als Wirtschaft und Gesellschaft durch eine der grössten Transformationen gehen, die es geschichtlich überhaupt je gab. In 10 bis 15 Jahren - vielleicht bleibt nicht einmal so viel Zeit - wird nicht mehr sehr viel so sein, wie es heute ist. Transformationsprozesse dieser Art sind noch nie glatt verlaufen. Sie stellen die Gesellschaft vor ihre schwersten Belastungsproben. Führung ist in schwierigen Zeiten nötig - und dann kann durch falsche oder auch nur inkompetente Führung irreparabler Schaden entstehen. Aber wer soll führen?

Die Top-Management-Organe müssen in einer wohldurchdachten, ausbalancierten Weise zusammenarbeiten, damit sie sich gegenseitig ergänzen, aber auch kontrollieren. Die Arbeit kann nicht von einer Instanz allein getan werden, schon gar nicht vom exekutiven Top-Management. Dazu bedarf es eines starken und wirksamen Verwaltungsrates. Das Top-Management arbeitet zur Erfüllung seiner - exekutiven - Aufgaben, die für sich schon volle Leistung und ungeteilte Konzentration verlangen, gewissermassen im System. Der Verwaltungsrat muss aber am System arbeiten. Er hat die Aufgaben, dafür zu sorgen, dass das Top-Management seinen Verpflichtungen nachkommen kann und nachkommt, dass die geeigneten Rahmenbedienungen für seine Effektivität geschaffen werden und dass seine Wahrnehmungen und Aufmerksamkeit auf die richtige Kategorie gerichtet sind. Der Verwaltungsrat muss - auch wenn es etwas pathetisch klingt - gleichzeitig Lehrer, Mentor und Richter sein. Zu diesem Zweck muss sich der Verwaltungsrat in erheblichem Umfang mit Fragen befassen, die scheinbar wenig mit der Wirtschaft im engeren Sinn zu tun haben. Es ist die Aufgabe des Verwaltungsrates, zu definieren, welchen Zweck ein Unternehmen zu erfüllen hat, was es tun und was es nicht tun soll, worin die Leistung und Ergebnisse zu sehen sind, welche Rahmenbedienungen die Unternehmenstätigkeit einzuhalten und nach welchen Gesichtspunkten sie zu beurteilen und zu verantworten ist. Weder kann man die Antworten auf diese Fragen dem Markt überlassen noch der Politik.

Der Verwaltungsrat soll führen- aber kann er es auch? Ob der Verwaltungsrat eines spezifischen Unternehmens führen will, muss er selbst entscheiden. Es mag gelegentlich Gründe dafür geben, die gesamte Führung dem Top-Management zu überlassen, falls der Verwaltungsrat aber aktiv führen will, sollte er das tun.

Jedes Unternehmen braucht dieselben Führungsfunktionen, sie können unterschiedlich organisiert sein und die Aufgaben können von einer unterschiedlich grossen Zahl Personen ausgeübt werden, es ist aber ein Kardinalfehler zu glauben, dass grosse Unternehmen vom Prinzip her anders zu führen seien als kleine oder mittlere. Die Grösse eines Unternehmens hat fraglos Einfluss auf das "Wie" der Führung, aber nicht auf das "Was".

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Funktionsmängel der heutigen Systeme
Auf die Frage: Wie funktioniert bei Ihnen der Verwaltungsrat?, ist die Antwort meistens ein höfliches Lächeln und beredtes Schweigen, und zwar unabhängig davon, ob die Frage an Mitglieder des VR oder an Topmanager gerichtet ist.

Wo liegen die Gründe für diese Probleme? Die folgenden Punkte sind, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, dabei wesentlich:

  1. Heute gibt es nur noch in den wenigsten Aufsichtsorganen in nennenswertem Ausmass echte Eigentümer, die ein aus dem Eigentum resultierendes, unternehmerisches Interesse vertreten, mit ihrem persönlichen Kapital haften und über Branche und Geschäft des Unternehmens wirklich Bescheid wissen.
  2. Ein weiterer Grund besteht darin, dass die Erfüllung der dem Aufsichtsorgan zugewiesenen Aufgaben in Wahrheit ein Vollzeit-Engagement oder jedenfalls einen erheblichen Zeitanteil erfordert, während tatsächlich diese Funktion fast überall teilzeitlich und noch dazu mit einem sehr kleinem Zeitanteil erledigt wird.
  3. Ein weiterer, nicht unwesentlicher Grund für mangelhaftes Funktionieren liegt zweifellos darin, dass starke Exekutivmanager häufig gar kein kompetentes Aufsichtsorgan wollen. Die Gründe für diese Ambivalenz sind einsichtig: Ein wirksames, oberstes Organ verlangt absolute Höchstleistungen von den Exekutivorganen; es stellt viele und unangenehme Fragen; es will Details kennen und verlangt Begründungen und zwar bevor Entscheidungen zu treffen oder zu genehmigen sind.
  4. Ein vierter Grund für die Funktionsmängel liegt im Informationshaushalt, der den Aufsichtsorganen üblicherweise zur Verfügung steht. Kompetente Aufsichtsmitglieder werden gelegentlich auch wissen wollen, wie die wichtigsten Systeme in einem Unternehmen funktionieren (Strategie, Planung und Kontrolle), ob sich Exekutivorgane mit den wirklich wesentlichen Problemen befassen, ob die richtigen Dinge verfolgt und gemessen werden, und sie werden gelegentlich ein Auge auf die Unternehmenskultur werfen.
  5. Es ist leider keine Seltenheit, dass Mitglieder von Aufsichtsorganen zu wenig Kenntnis über modernes Management haben. Dieser Mangel ist übrigens auch bei den Exekutivorganen häufiger anzutreffen, als es wünschenswert ist. Wie sonst wäre es zu erklären, dass mit schöner Regelmässigkeit eine unsägliche Akquisitions- und Diversifikationspolitik betrieben wird, Konglomerate gebildet werden, eine falsche Wachstumspolitik verfolgt wird.
  6. Ein weiterer Grund liegt darin, dass es bis heute keinen Konsens darüber gibt, wie ein Unternehmen überhaupt zu führen ist.
  7. Ein letzter Grund kann schliesslich in vielen Fällen in der unmittelbaren Führung eines Aufsichtsgremiums durch seinen Präsidenten gesehen werden. Schlecht vorbereitete, geführte und nachbearbeitete Sitzungen sind weit häufiger selbst auf dieser Ebene anzutreffen, als man meinen möchte und als dem Unternehmen gut tut.

Eine Auseinandersetzung mit der Funktionsweise des Verwaltungsrates oder des obersten Aufsichtsorganes kommt nicht um ein gewisses Mass an Kritik herum. Es ist gar nicht so selten, dass ein kompetentes, erfahrenes Management Schwächen des Vorstandes oder des Verwaltungsrates kompensiert. Die eigentliche Arbeit wird ja ohnehin häufig auf den Ebenen unterhalb des Verstandes geleistet.

Ist Kritik gerechtfertigt?
Es stellt sich die Frage, ob die Wirtschaft wirklich so gut ist, wie sie sein könnte und wie sie sein müsste? Sie war gut über eine lange Periode günstiger Konjunktur und in einer Periode der Verkäufermärkte. Wie sieht es aber aus mit der Vorbereitung für die Zukunft? Ist man gerüstet? Es gibt eine Reihe von Branchen, in denen sich in den letzten Jahren Schwächen entwickeln konnten, die bei vorausschauender Führung durch die Exekutive und durch kompetente Aufsichtsorgane und Verwaltungsräte zu vermeiden gewesen wären, wie zum Beispiel:

  • Programme zur Kostensenkung in zweistelligen Prozentsätzen sind nur nötig, wenn vorher über Jahre die Kostenkontrolle versagt hat.
  • Mangelnde Marktorientierung, Qualitätsnachteile, Vorbeioperieren am Kundennutzen, das Übersehen der Entstehung völlig neuer Vertriebskanäle können nicht anders als mit mangelhafter Führung und Aufsicht erklärt werden.
  • Wuchernde Bürokratie und aufgeblähte Stabsorganisationen können nur von der Spitze des Unternehmens verhindert und bekämpft werden.
  • Vor den Augen der Öffentlichkeit und der Mitarbeiter über Wochen und Monate ausgetragene Machtkämpfe zwischen Führungsverantwortlichen sind nur möglich, wenn die Unternehmensaufsicht versagt hat.

Zumindest die Entstehung dieser Probleme ist den Unternehmensspitzen zuzuschreiben. Mit Fehleinschätzungen der Lage wird man, solange es Menschen gibt, immer rechnen müssen. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass die Kunst und Methodik der Lagebeurteilung in grösserem Umfange unterentwickelter ist, als akzeptiert werden kann. Zu viele Führungskräfte, denken linear von der Vergangenheit in die Zukunft: vertrauen darauf, dass ihnen die Konjunktur schon helfen wird und befassen sich ganz allgemein zu wenig gründlich, gewissenhaft und sorgfältig mit dem Durchdenken und Hinterfragen der Grundlagen und Voraussetzungen ihres Geschäftes, mit Trends und vorallem mit Trendbrüchen. Nur wenige waren mental auf die Möglichkeit einer Rezession vorbereitet.

Klassische, aber vermeidbare Managementfehler
Sie illustrieren auf teilweise dramatische Weise, wie wichtig kompetentes, gutes und richtiges Management ist. Fehler passierten nicht zum ersten Mal in der Wirtschaftsgeschichte. Ganz im Gegenteil, sie wiederholen sich mit schöner, aber völlig unnötiger Regelmässigkeit, Es werden lediglich die Lehren daraus immer wieder vergessen.

Fehler Nr. 1: Diversifikation aus falschen Gründen
Alle wirklichen Unternehmenserfolge sind Konzentrationserfolge. In den vergleichsweise wenigen Fällen, in denen Diversifikation gut ging, lagen entweder exzeptionell günstige Umstände vor, oder sie haben eine ganz präzise Logik.

Fehler Nr. 2: Wuchernde Komplexität
Die Aufgabe des Managements ist, das Geschäft so zu definieren, dass das Unternehmen einfach genug bleiben kann, um noch führbar zu sein. Gute Manager sind Leute, welche die Weisheit besitzen, das Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen zu beschränken, und es so zu organisieren, dass auch gewöhnliche Menschen die damit verbundenen Aufgaben erfüllen können.

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Genügt die Führung der Zukunft ? Die Grosse Transformation

(Fast) alles wird sich ändern - Wirtschaftliche Entwicklung - Führung
Die entscheidende gesellschaftliche Funktion für diese Transformation wird Führung, wird Management sein, für die Nutzung der Chancen ebenso wie für die Vermeidung der Gefahren. Management gehört seinerseits zu den unverstandensten gesellschaftlichen Funktionen, und daher wird das vorhandene Problemlösungspotential auch nicht genutzt werden können, wenn sich an der Qualität des Verständnisses dafür nichts Wesentliches verändert. Nicht nur ist Management unverstanden, sondern weithin akzeptierte Vorstellungen darüber sind auf gefährliche Weise falsch und kollektiv irreführend.

Als Ergebnis der sich gegenwärtig abspielenden gesellschaftlichen Transformation werden wir eine grundlegende Änderung von fast allem erleben, was wir tun und wie wir es tun; und wir werden eine ebenso fundamentale Änderung erleben, warum wir es tun.

Alles, was automatisiert werden kann, wird auch in den nächsten 10 bis 20 Jahren automatisiert; alles, was elektronifiziert werden kann, wird auch elektronifiziert. Alles, was man weglassen kann, wird weggelassen; und alles was man "outsourcen" kann, wird "outgesourct". Auch wenn heute schon vermeldet wird, dass da und dort der Automatisierungsgrad wieder zurückgenommen werde oder es mit Outsourcing erhebliche Schwierigkeiten gebe, müssen diese Prämissen die Ausgangslage bilden.

Im Zuge dieser Entwicklung verändern sich ebenso radikal Transportmodalitäten und Distributionsformen. Wir stehen bereits inmitten dieser Entwicklung. Die gesamte Logistik ist weltweit in Reorganisation. Als Folge dessen fallen ganze Ebenen oder Stufen der bisherigen Warenverteilsysteme weg, verschieben sich Umschlagsplätze und Warenströme. Rohstoffe werden in der neuen Wirtschaft kaum noch eine wesentliche Rolle spielen. Was wirklich knapp sein wird, ist ein ganz anderer Rohstoff, nämlich Wissen.

Die skizzierten, im Gang befindlichen Veränderungen stellen die Führungskräfte sämtlicher Organisationen vor grösste Herausforderungen. Klarheit des Denkens, Präzision des Handelns, Vorbildhaftigkeit des Verhaltens und Glaubhaftigkeit der Führung werden bis an die Grenzen beansprucht werden. Die entscheidende Problematik wird in den sozialen Folgen dieser Veränderungen liegen. Wir werden nicht nur anderes und anders produzieren, distribuieren und konsumieren; wir werden anderes und anders arbeiten, lernen und lehren, wissen und können, sagen und hören müssen; wir werden uns anders verhalten und die Menschen anders behandeln müssen, und vor allem werden wir anders führen müssen. Dies alles hat zu tun mit Management, wie die Gesamtheit aller gestaltenden, steuernden, richtunggebenden und entwickelnden Funktionen einer Gesellschaft bezeichnet werden. Management die Transformation von Wissen in Leistung und Nutzen. Führung muss konstitutionell verankerten, definierten Standards und Kriterien entsprechen. Diese zu bestimmen ist keine leichte Aufgabe, so wenig es leicht war, moderne Staatsverfassungen zu entwickeln und die für ihren Vollzug und ihre Einhaltung erforderlichen Institutionen zu etablieren. Es wird sich aber auch nicht als schwieriger erweisen.

Investitionen ins Management können wir heute noch nicht rechnen, sie werden die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Branchen in Zukunft jedoch mehr als je zuvor bestimmen. Sie werden ausschlaggebend sein für den Wohlstand; und sie werden entscheidend sein dafür, ob die junge Generation eine Zukunft hat und wie sie aussehen wird.

Corporate Governance

Die Bedeutung des Marktes

Management ist der Beruf mit den grössten gesellschaftlichen Wirkungen, seien sie positiver oder negativer Art. Durch Management werden die Ressourcen einer Gesellschaft, insbesondere ihr Kapital und ihre Menschen, einer produktiven oder unproduktiven Nutzung zugeführt; Management schafft oder vernichtet Werte, betreibt oder verhindert Innovation, schafft oder verhindert die Zukunft.

Daher sind an die Ausbildung und Ausübung dieses Berufes die allerhöchsten Anforderungen zu stellen, und daher muss es eine wirksame Kontrolle der Ausübung dieses Berufes auch auf höchsten Führungsebenen geben, und zwar bevor der Markt seine Wirkung tut - denn diese kommt leider immer zu spät. Das Risiko eines Versagens des Management ist viel zu gross, um es allein dem Markt zu überlassen. Der Markt ist zu langsam, er hat keine voraus-, sondern nur eine nachlaufende Wirkung, und er hat im Kern nur eine bestrafende Wirkung. Der Markt sagt nämlich nicht, wo und wie die Ressourcen eingesetzt werden sollen, sondern nur, wo und wie man sie einzusetzen gehabt hätte. Wenn dieses Signal vom Markt kommt, ist es aber zu spät für das Unternehmen. Der Markt bewirkt nichts Positives und er vermeidet nicht die Fehler. Er bestraft sie nur - aber erst, wenn sie schon passiert sind und daher eben zu spät.

Um so wichtiger ist es, der Qualität des Managements grösste Aufmerksamkeit zu schenken und höchste Massstäbe anzulegen. Denn Menschen haben die Fähigkeit, sich anzupassen und Opfer zu bringen. Über die blosse Bereitschaft und Motivation hinauszuführen, ist aber immer nur dann und so lange möglich, als die Menschen in ihre Führung vertrauen, wenn sie glaubwürdig sind und zu ihrer Verantwortung stehen.

Wesen und Funktion des Gewinnes
Der Gewinn gehört noch immer zu den am meisten missverstandenen Elementen einer Wirtschaft. Erstens ist die Gewinnermittlung und -feststellungsmethode ausserordentlich problematisch und zweitens können wesentliche Elemente des Wertes eines Unternehmens durch die Instrumente des Rechnungswesen gar nicht abgebildet werden.

Gewinn sollte als Ergebnis der Geschäftstätigkeit betrachtet werden, nicht als deren Ursache und treibende Kraft. Gewinn ist der Massstab für die Richtigkeit und Effektivität dessen, was getan wird. Die Ursachen für gute Ergebnisse sind Innovation, Marketing und Produktivität. In der Erbringung einer wirtschaftlichen Leistung für den Markt und die Gesellschaft liegt die Legitimation des Unternehmens. Der Kunde kauft und bezahlt nicht, damit das Unternehmen einen Gewinn erzielt, sondern weil er eine Leistung erhält. Der Gewinn ist der Massstab dafür, ob das Unternehmen diesen Zweck richtig und gut erfüllt.

Es muss sich jede der ein Unternehmen gründet, der Disziplin ökonomischer Gesetzmässigkeiten unterwerfen. Er muss das, was er tut, letztlich gewinnbringend tun, aber das bedeutet nicht, dass er es wegen des Gewinnes tut. Gewinn ist eine notwendige Bedingung unternehmerischer Existenz, aber es ist bei weitem keine hinreichende Bedingung für das, was das Unternehmen tut. Der Gewinn ist Ergebnis und Massstab für die Qualität unternehmerischen Handelns. Er ist Test für die Richtigkeit der meist unausgesprochenen Prämissen und Theorien, aber nicht der Grund für ihr Zustandekommen.

Was ist ein gesundes Unternehmen?

Die Beurteilung eines Unternehmens.

Die erste Schlüsselgrösse ist die Marktstellung des Unternehmens und seiner einzelnen Geschäftsbereiche. Die Marktstellung ist wesentlich - und zwar für alle Arten von Unternehmen, für alle Branchen und für alle Grössenordnungen von Unternehmen. Aber selbst in jenen Firmen, in denen das anerkannt wird, wird oft zu wenig getan, um diesen Faktor systematisch zu definieren, ihn zu ermitteln und kontinuierlich zu verfolgen. Die Marktstellung lässt sich nicht einfach quantifizieren, es gehören vor allem auch die relativen Marktanteile dazu. Die Marktstellung als solche geht weit über die Erfassbarkeit durch Marktanteile hinaus. Bekanntheitsgrad, Kundenzufriedenheit, Kundennutzen-Kennziffern, Präsenz in den einzelnen Segmenten usw. gehören ebenfalls dazu. Im weiteren muss man die Substitutionskanäle kennen. Jedes Unternehmen muss, bezogen auf seinen Einzelfall, diese Arbeit machen und gründlich durchdenken.

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Innovationsleistung
Die zweite Messgrösse ist die Innovationsleistung eines Unternehmens. Sie ist das zuverlässige Frühwarnsignal für die Beurteilung des langfristigen Erfolges.

Eine Kennziffer für die Innovationsleistung ist die Innovationsrate: Wieviel Prozent des Umsatzes macht man mit Produkten oder Leistungen, die nicht älter als drei bis fünf Jahre sind? Die richtige Höhe dieser Rate muss im Einzelfall bestimmt werden, aber unter 10 % sollte sie nie sinken und wenn sie über 30 % steigt, hat das in aller Regel deutliche negative Auswirkungen auf die mittel- und langfristige Rendite.

Attraktivität für gute Leute
Eine ganz wesentliche Messgrösse für die Gesundheit und den Erfolg eines Unternehmens ist die Fähigkeit, gute Leute anzuziehen und zu halten.

Die Personalfluktuationsrate als solche und zum Beispiel die Absenzenrate sind zweifellos wichtige Kennziffern. Fluktuation im Personal verursacht zunächst nur Kosten, aber Fluktuation der wirklichen Performer, der qualitativ wichtigen Leute, richtet ganz andere und ernstere Schäden an. Es ist ein Warnsignal bezüglich Vertrauen in die Führung des Unternehmens. Wenn dann seitens der Geschäftsleitung solche Vorkommnisse heruntergespielt werden, ist ihre Glaubwürdigkeit rasch verloren. Hier kann man Leadership unübersehbar und wirksam zeigen.

Liquidität und Cash-Flow
Von all den Zahlen, die man aus dem Finanz- und Rechnungswesen erhält, sind Cash-Flow und Liquidität von besonderer Bedeutung. Umsätze, Auftragseingang, Kosten und Gewinne sind selbstredend wichtig, aber es ist eine alte Weisheit, dass ein Unternehmen auch ohne Gewinn noch lange über die Runden kommt, solange Cash-Flow und Liquidität aufrechterhalten werden können, während das Umgekehrte nicht stimmt.

Architektur des Top-Managements

Aufgaben des Aufsichtsorganes
Um ein Unternehmen wirksam kontrollieren zu können, sind fünf Funktionen erforderlich. Die Basis für die Erfüllung dieser Funktionen und ihr Gegenstand sind die im letzten Kapitel behandelten Messgrössen für die Gesundheit des Unternehmens.

1. Die Rückschau-Funktion
Die Feststellung der Ergebnisse und vor allem die Beurteilung der Qualität dieser Ergebnisse sind ein erstes Aufgabenbündel eines Aufsichtsorganes. Es reicht nicht aus, sich nur auf die Beurteilung des Geschäftsabschlusses, aufgrund von Bilanz- und Erfolgsrechnung zu beschränken, es sind mindestens die bereits behandelten Felder zu kennen und zu diskutieren, um sich ein Urteil bilden zu können, also:

  • die Marktstellung des Unternehmens
  • die Innovationsleistung
  • die Produktivität
  • die Fähigkeit, gute Leute anzuziehen, zu halten und richtig einzusetzen
  • Liquidität und Cash-Flow
  • Profitabilität

Nur die beiden letzten Punkte gehören heute zum selbstverständlichen und regelmässigen Inhalt der Tagesordnung der Aufsichtsorgane.

2. Die Vorschau-Funktion
Es ist notwendig, dass sich Aufsichtsorgane - wenn sie ihrer Aufgabe nachkommen wollen - intensiv mit den Strategien, Strukturen und Systemen eines Unternehmens befassen sowie mit der Unternehmenskultur, dass sie in das Zustandekommen diesbezüglicher Entscheidungen involviert sind und hierbei das letzte Wort haben. Es wird zu prüfen sein, ob sich die Exekutivorgane mit den richtigen Themen und den richtigen Prioritäten auseinandersetzen.

3. Auswahl, Führung und Beurteilung obersten Exekutivorgane
Die Art und Weise, wie Personalentscheidungen getroffen werden, steht keineswegs ausser Zweifel. Die Kriterien sowohl für die Auswahl von obersten Exekutivmanagern als auch für die Beurteilung ihrer manageriellen Leistung sind weder klar noch konsensiert. Exekutivorgane müssen, entgegen einer weitverbreiteten Meinung geführt, und nicht nur kontrolliert werden. Sie müssen zweifellos nach anderen Gesichtspunkten geführt werden als "gewöhnliche" Manager, aber sie sind eben doch zu führen. Insbesondere ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass die Exekutivorgane ihre nach innen und nach aussen erforderliche Vorbildfunktion auch tatsächlich erfüllen und nicht nur darüber reden. Nichts ist schneller verloren - insbesondere in der Medienwelt - als Vertrauen und Glaubwürdigkeit, und nichts verseucht die Gesellschaft, ihre Organisationen und Leistungsfähigkeit so nachhaltig wie dieser Verlust.

Die Personelle Zusammensetzung
Dass der personellen Zusammensetzung des Aufsichtsorganes im Kontext der genannten Aufgaben grösste Bedeutung zukommt, braucht kaum betont zu werden. Vom Grundsatz her gelten für die Ausgestaltung der Unternehmensaufsicht dieselben Überlegungen wie für die Funktionsweise der Organe eines Rechtsstaates. So wichtig es ist, dass sie mit den bestgeeigneten Persönlichkeiten besetzt werden, und so sehr alles dafür getan werden muss, dass dieses Ziel auch erreicht wird, so wenig gibt es eine Garantie dafür, dass dies auch gelingt.

  1. Fachliche Kompeten
    Dass Kompetenz in der Sache wichtig ist, braucht kaum erwähnt zu werden. Erfahrung im Geschäftsleben und wohl auch ein erhebliches Mass an Lebenserfahrung sind unverzichtbare Voraussetzungen für die wirksame Ausübung eines Aufsichtsmandates. Da ein Aufsichtsorgan immer aus mehreren Personen besteht, kommt es auf die richtige Zusammensetzung an, auf die Kombination von individuellen Kompetenzen, die für das Unternehmen wichtig sind. Von entscheidender Bedeutung ist es aber, dass alle Mitglieder der Unternehmensaufsicht sich darüber im klaren sind, welche Aufgaben zu erfüllen sind, und dass sie sich diesen Aufgaben mit aller Gewissenhaftigkeit stellen.

  2. Unabhängigkeit
    Noch wichtiger aber als sachliche Kompetenz ist das Kriterium der Unabhängigkeit, und zwar in zweifacher Hinsicht. Das Aufsichtsmitglied darf in seiner Interessenlage nicht vom Unternehmen berührt sein. Umgekehrt darf das Unternehmen nicht von der Interessenlage des Aufsichtsmitgliedes abhängig sein. Unternehmensaufsicht kann nicht wirksam ausgeübt werden, wenn auch nur der Schein einer Interessenabhängigkeit besteht.

  3. Ausschlussregeln
    Vom Prinzip her gehören nicht in ein Aufsichtsorgan:
    • Aktive und ehemalige Mitglieder des Exekutivorganes desselben Unternehmens
    • Personen, die in aktiver Geschäftsbeziehung zum Unternehmen stehen (Kunden, Lieferanten, Anwälte, Berater etc.)
    • Vertreter der Hausbanken, ausser wenn sie echte Eigentümerinteressen vertreten
    • Personen mit vielen Mandaten, ausser es sind Genies
    • Personen, die keine Zeit haben

Das Kriterium der fachlichen Kompetenz allein würde selbstverständlich zu einer anderen Liste führen. Wie bereits erwähnt, scheint das Unabhängigkeitskriterium noch wichtiger. Mitglieder eines Aufsichtsorganes müssen unter Umständen sehr unangenehme Aufgaben erfüllen. Es ist somit viel leichter zu sagen, wer nicht in ein Aufsichtsorgan gehört, als zu bestimmen, wer hineingehört. Auch wenn die nachfolgende Negativliste extrem erscheinen mag und im Einzelfall auch Gründe für einen Kompromiss gegeben sein mögen, kann sie nicht ignoriert werden. Die schwerwiegendste Konsequenz dieser Liste ist, dass die Besetzung von Aufsichtsorganen schwieriger wird und sorgfältiger Vorbereitung bedarf, weil der in Frage kommende Personenkreis eingeengt wird, was aber nicht unbedingt ein Nachteil ist, sondern nur zu mehr Vorbereitungsarbeit und zu kleineren Gremien führt.

Ein entscheidender Aspekt, der zum nächsten Kapitel führt, ist der Umstand, dass auch das beste Aufsichtsorgan seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann, wenn das Exekutivorgan nicht funktioniert. Wie festgestellt wurde, gehört die Gestaltung dieses Organs mit zu den Aufgaben des Aufsichtsorganes; vielleicht ist das sogar seine wichtigste Aufgabe.

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Gestaltung des Exekutivorganes
Dieses Kapitel wurde aus der Sicht des Aufsichtsorganes und seiner Gestaltungsaufgabe geschrieben. Es enthält daher längst nicht alles, was zur Funktionsweise des Exekutivorganes zu sagen wäre, sondern nur jene wenigen, aber wichtigen Aspekte, die das Aufsichtsorgan besonders im Auge behalten soll.

Aufgaben des Exekutivorganes
Die Organisation des Exekutivorganes gehört zu den schwierigsten Management- und Organisationsfragen. Unabhängig davon, ob nun im einzelnen nach funktionalen Gesichtspunkten, produkt- oder spartenbezogen, nach geographischen Kriterien oder nach Geschäftsbereichen organisiert wird, das Exekutivorgan muss jedenfalls die folgenden Aufgaben erfüllen, und ihre Erfüllung muss vom Aufsichtsorgan kontrolliert werden:

  1. Durchdenken und Bestimmen des Geschäftszweckes und Geschäftsauftrages sowie Entwicklung einer Strategie. (Was ist der Zweck dieses Unternehmens, was soll er sein und was soll er nicht sein)Setzen von Standards und von Massstäben. (Unternehmenskultur)
  2. Aufbauen und Erhalten der Humanressourcen. (Ganze Belegschaft, wichtig sind vorallem Führungskräfte und Wissensträger)
  3. Durchdenken und Festlegen der Gesamtstruktur des Unternehmens
  4. Pflege der Schlüsselbeziehungen des Unternehmens nach aussen (Kunden, Lieferanten, Kapitalgeber, Medien, Politik)
  5. Wahrnehmung der Repräsentation des Unternehmens
  6. Bereitschaft für Krisen. (Stand-by-Organ für Krisen und Chancen)
  7. Im Unternehmen müssen noch viele andere Aufgaben erfüllt werden! Etwa von Forschung und Entwicklung bis zum Marketing oder von der Produktion bis zu den Finanzen. Selbstverständlich werden die Mitglieder des Exekutivorganes in die Erfüllung dieser Aufgaben involviert sein. Es ist üblich, dass sie an der Spitze der entsprechenden Ressorts stehen. Wirkliche Top-Management-Aufgaben sind die Ressortleitungen aber im Grunde genommen nicht, auch wenn dies so üblich ist, sie als solche zu betrachten. Im Kern sind die Ressortleitungen operative Managementaufgaben. Die eigentlichen Top-Management-Aufgaben sind, wie man der Liste entnehmen kann, anderer Natur. Gerade weil oft Ressortleitungen wahrgenommen werden müssen, werden die wirklichen Top-Aufgaben eher schlecht erfüllt. Man erledigt sie en passant, oder man lässt sie erledigen - durch Berater, oder sie werden schlimmstenfalls überhaupt nicht angegangen.


Das Exekutivorgan als Team
Exekutives Top-Management ist in der Regel Teamarbeit. Die Aufgaben, die sich hier stellen, sind so vielschichtig, dass man kaum erwarten kann, dass eine Einzelperson sie kompetent und umfassend erfüllt. Das Ein-Personen-Top-Management ist entweder eine Gefahr für das Unternehmen oder es ist eine Fiktion. Optisch mag natürlich eine Person allein an der Spitze stehen. Bei genauer Analyse zeigt sich aber immer wieder, dass die Arbeit in Wahrheit von einem Team getan wird. "Team" ist ein rasch ausgesprochenes und in letzter Zeit arg strapaziertes Wort. Es ist an sich schon nicht leicht, in einem Unternehmen Teams zu formieren und zum Funktionieren zu bringen, für das Top-Management gilt dies besonders. Denn in einem Punkt sind sich Top-Manager alle ähnlich: Sie sind meistens ausgeprägte Machtmenschen. Um die in den Spitzenetagen fast programmierten Erscheinungen wie Macht- und Rangkämpfe, Intrigen und Profilierungsneurosen usw. zu vermeiden, muss besonders sorgfältig auf die Funktionsweise von Top-Management-Teams geachtet werden. Wenn sie funktionieren sollen, müssen drei Bedingungen und sechs Regeln eingehalten werden.

Die drei Bedingungen lauten:

  • äusserste Disziplin
  • persönliche Beziehungen müssen Nebensache sein
  • die "Chemie" darf keine Rolle spielen

Die erste Bedingung, Disziplin, ist für jedes Team wichtig. Es gibt in der Tat ein klares Kriterium für den Übergang von einer Gruppe zu einem Team: Das Team beginnt dort, wo man sich eines Tages entschliesst, sich den Luxus der Gruppendynamik nicht mehr zu leisten und sie durch Disziplin zu ersetzen beginnt. Top-Management-Teams müssen hier die höchsten Anforderungen erfüllen, und im allgemeinen gibt es bezüglich dieser Bedingung auch weitgehend Konsens. Die zweite Bedingung ist schon nicht mehr allgemein akzeptiert. Gerade deshalb ist sie wichtig. Persönliche Beziehungen, Sympathien, Freundschaften und im extremen Fällen Kumpanei sind Gift für ein Führungsteam. Hier muss die Arbeit von Sachbeziehungen dominiert sein. Es darf nicht um die Frage gehen, einem Kollegen oder Freund durch eine Zustimmung einen Gefallen zu erweisen.

Selbstverständlich ist es etwas Grossartiges, wenn in einem Team die "Chemie" stimmt. Die hier zur Diskussion stehende Bedingung und die damit zusammenhängenden Regeln sind aber gerade dann wichtig, wenn die "Chemie" aus irgendeinem Grund nicht stimmt. Genau dann muss es sich zeigen, dass ein Top-Management-Team trotzdem noch arbeitsfähig ist. Die Teamarbeit wird daher von wirklich erfahrenen und kompetenten Leuten vollumfänglich geteilt.

Die sechs Grundregeln für wirksames Funktionieren eines Top-Mangement-Teams sind sehr einfach, aber wichtig. Ihre Missachtung ist aber eine Garantie für das Scheitern des Unternehmens oder mindestens dafür, dass es in grosse und kaum lösbare Schwierigkeiten gerät. Ein Team, das funktionsfähig und wirksam sein will, muss sich an folgende Regeln halten:

  1. Jedes Mitglied eines Top-Management-Teams hat in seinem Verantwortungsgebiet das letzte Wort, spricht für und verpflichtet das ganze Team.

  2. Keiner trifft eine Entscheidung in einem anderen Verantwortungsgebiet.

  3. Ausserhalb des Teams gibt es keinerlei Qualifikation bezüglich irgendeines Teammitgliedes.

  4. Ein Team ist kein Komitee; daher braucht es einen Leiter, einen Vorsitzenden. Dieser muss mit dem Stichentscheidungsrecht ausgestattet sein.

  5. Bestimmte Entscheidungen müssen dem Team als Ganzes vorbehalten sein. (z.B. Akquisitionen und Allianzen, grosse Investitionen, Aufnahme oder Schliessung ganzer Geschäftsgebiete, Personalentscheidungen für Schlüsselfunktionen)

  6. Jedes Teammitglied ist verpflichtet, alle anderen Mitglieder über alles informiert zu halten, was in seinem Verantwortungsbereich vor sich geht.

Es ist die Aufgabe der Unternehmensaufsicht, die Funktionsweise des Exekutivorganes durch die Etablierung seiner Organisation und die Einführung der Bedingungen und Regeln für ein wirksames Funktionieren sicherzustellen.

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Management oder Leadership

Vom Manager zum Führer

Grundlage guten Managements sind handwerkliche und damit lehr- und lernbare Kompetenzen: die Einhaltung einiger weniger Grundsätze, die gewissenhafte und sorgfältige Erfüllung einiger Schlüsselaufgaben und die Beherrschung einiger Werkzeuge. Auch Leader kommen nicht ohne die handwerkliche Basis guten Managements aus, und keine Organisation wird ohne diese funktionieren können. Es erscheint sehr wichtig, dass die Mitglieder des Aufsichtsorganes bei ihrer Personalentscheidung für die obersten Positionen, die, wie schon dargelegt, absolut kritisch sind, auf die folgenden Dinge achten:

1. Echte Führer sind auf die Aufgabe konzentriert.
Ihre Schlüsselfrage lautet nicht: Was will ich? Was passt mir usw.?, sondern ihre Frage lautet: Was muss getan werden? Der unmittelbare Return ist ihnen meistens unwichtig. Die treibende Kraft ist immer die Aufgabe und nicht persönliche Bedürfnisse. Sie sind getrieben von der Frage: Was kann ich tun? Wo und wie kann ich eine Veränderung bewirken, einen Unterschied machen? Was ist richtig und wichtig für diese Organisation? Worin bestehen die richtigen Ziele und Aufgaben für das Unternehmen?

2. Echte Führer zwingen sich zuzuhören
Die Betonung liegt auf "zwingen", denn keinem fällt es leicht. Die meisten sind ungeduldig, und viele sind zutiefst davon überzeugt, richtig zu handeln. Dennoch wissen sie, wie ungeheuer wichtig jene Informationen sind, die sie nur von anderen bekommen können, und zwar vor allem von der Basis der Organisation.

3. Echte Führer arbeiten unermüdlich daran, sich verständlich zu machen
Sie sind sich dessen bewusst, dass das, was ihnen klar ist, ihre Sicht der Dinge und ihre eigene Vorstellungswelt, allen anderen überhaupt nicht klar sind. Im Bemühen, sich verständlich zu machen, vereinfachen sie und befleissigen sich der Sprache des anderen oder der bildhaften Analogie. Im Bemühen, verstanden zu werden, greifen sie, wo immer möglich, zum besten Mittel der Kommunikation: Sie machen die Dinge vor.

4. Echte Führer verzichten auf Alibis und Ausreden
Sie sind an Resultaten interessiert, und wo sich diese nicht einstellen, flüchten sie nicht in faule Begründungen und Ausreden.

5. Echte Führer geben ihr Bestes für die Organisation, aber nicht ihr Leben
Sie streben ständig nach Perfektion, und - wie gesagt - sie geben (fast) alles für die Sache. Sie fordern von sich und von den Menschen grösste Leistung und höchste Massstäbe - sie bieten nicht etwas, sondern sie stellen Forderungen.

6. Echte Führer stehlen ihren Leuten nicht den Erfolg

7. Echte Führer haben keine Angst vor starken Leuten
Es gilt in beide Richtungen, gegenüber Unterstellten als auch gegenüber Vorgesetzten. Sie wissen, dass nur die besten Kräfte genügen werden, um die grosse Aufgabe zu erfüllen, und sie tun alles, um beste Kräfte anzuziehen, zu fördern und zum Einsatz zu bringen?

8. Echte Führer akzeptieren die Verschiedenartigkeit von Menschen
Nicht nur akzeptieren sie das, sondern machen daraus eine Chance. Sie orientieren sich an dem, was die Menschen können, und sie sind häufig ausserordentlich tolerant im Bezug auf Schwächen von Menschen.

9. Echte Führer sind keine Utopisten
Sie mögen eine Vision - noch besser - eine Mission haben, aber sie wollen nicht den "Himmel auf Erden" schaffen, sondern sie konzentrieren sich darauf, die "Hölle" zu vermeiden. Echte Führer sind Realisten im Bezug auf die menschliche Natur, und sie bemühen sich, aus der Vergangenheit zu lernen.

Personalauswahl und Besetzung der obersten Positionen
Mit ihnen steht und fällt alles. Die Personalentscheidungen in ihrem gesamten Spektrum bestimmen erstens die Leistungskapazität eines Unternehmens und zweitens die Unternehmenskultur. Drittens bergen diese Entscheidungen die grössten Risiken, weil sie nur schwer korrigierbar sind und daher Langzeitwirkung haben. Man kann Personalentscheidungen nicht geheim halten, weil sie für alle sichtbar werden. Wer hier versagt, läuft, viertens, über alle Probleme hinaus, die er sich damit ohnehin schon schafft, noch die Gefahr, die Achtung in seiner Organisation zu verlieren.

Grundsätze für Personalentscheide

  1. Ein erster Grundsatz lautet, dass niemand ein Menschenkenner ist. Selbstverständlich gibt es Personen, die über ein höheres Mass an Menschenkenntnisse verfügen als andere, aber sie dürfen sich nicht darauf verlassen.

  2. Umgang mit Fehlern; wenige werden von sich behaupten können, nie eine personelle Fehlentscheidung getroffen zu haben. Der wichtigere Aspekt ist aber, wie man auf Fehler reagiert. Nicht den Fehler bei andern suchen sondern nach dem Motto handeln: "Ich habe eine Fehlentscheidung getroffen - und daher muss ich sie korrigieren".

  3. Personalentscheidungen - der dritte Grundsatz - darf man trotz Zeitdruck nie schnell treffen.

  4. Ein viertes Prinzip lautet, dass man nie einer Person, die für das Unternehmen neu ist, eine wiederum für das Unternehmen neue und kritische Aufgabe übertragen soll. Mit neuen und wichtigen Aufgaben muss man Menschen beauftragen, die man schon kennt und daher einschätzen kann.

  5. In einem Zusammenhang mit dem vierten Grundsatz stehend ist eine fünfte Leitlinie zu nennen: Die schwierigsten Stellen müssen mit den besten Leuten besetzt werden.

  6. Die sechste Maxime besteht darin, den Menschen einen Anspruch auf kompetente Führung zuzubilligen. Wenn man jemanden zu einem Vorgesetzten macht, gibt man ihm zu einem erheblichen Teil das Schicksal anderer Menschen in die Hand.

  7. Ganz generell, insbesondere aber bei obersten Positionen, neigt man dazu, in eine Falle zu tappen - die Falle des Universalgenies. Man sucht nach der "rundum vollendeten Persönlichkeit", nach dem "Multitalent". Der siebte Grundsatz muss lauten: Es gibt keine Universalgenies. Man kann sie zwar beschreiben, aber man kann sie leider nicht finden. Menschen haben Stärken und Schwächen.

Methodik der Personalauswalhl

Die Aufgabe - das Assignment - durchdenken

Die Schlüsselfrage darf nicht lauten: Welche Anforderungen stellt die Stelle? Sondern ganz anders: Welche spezifische Aufgabe stellt sich für den nächsten überschaubaren Zeithorizont auf dieser Position? oder auch: Welcher konkrete Auftrag wird prioritär vom Positionsinhaber zu erfüllen sein?

Mehrere Kandidaten anschauen
In sehr vielen Fällen werden viel zu früh "Kronprinzen" und Vorzugskandidaten aufgebaut. Damit wird nicht eine Entscheidung getroffen, sondern eine solche präjudiziert. Man muss drei und noch besser fünf ernsthaft in Frage kommende Kandidaten haben. Das ist für die Besetzung von Spitzenpositionen ein anspruchsvolles Kriterium.

Gründliches Durchdenken, nach welchen Gesichtspunkten die Kandidaten zu beurteilen sind.
Welche speziellen Stärken erfordert die Erfüllung der Schlüsselaufgabe in Bezug auf fachliche Aspekte, Erfahrung und Persönlichkeit? Genau hier darf nicht nach einer der "rundherum guten Person" gefragt werden, sondern nach dem, was eine Person ganz speziell für die gestellte Aufgabe vorzuweisen hat.

Nie eine Personalentscheidung im Alleingang treffen
Personalentscheidungen sollten von mehreren Personen geprüft und durchleuchtet werden. Dieser vierte Schritt ist die Phase, in der man Referenzen einholt.

Der Hundert-Tage-Bericht
Der letzte Schritt, den erfahrene Leute machen, besteht darin, vom neuen Stelleninhaber nach 3 Monaten einen Bericht zu verlangen. Die Frage, die er zu beantworten hat, lautet: Nachdem Sie jetzt drei Monate lang Ihre Aufgabe studiert und sich eingearbeitet haben, was müssen Sie nun Ihrer eigenen Meinung nach tun, um wirklich erfolgreich zu sein? Jetzt müssen die letzten Unklarheiten beseitigt werden bezüglich der gegenseitigen Erwartungen. Man muss wissen, wie der neue Stelleninhaber die Situation sieht, wo er Prioritäten setzen will, wie er seinen Schlüsselbeitrag definiert usw. Vielleicht findet man Konsens; vielleicht nicht. Wie auch immer, man muss es wissen, und der andere muss wissen, dass man es weiss.

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