«Human Kapital» - ein Unwort?

25. Januar 2005

Bei den germanistischen "Sprachsozialisten" was wohl ebenfalls als Unwort passieren könnte, fehlt jeglicher Bezug zum reellen Wirtschaftsleben. Die Wahl zu einem Unwort des Jahres hat Tradition in Deutschland. Jedes Jahr haben die Feuilletons der Zeitungen viel Spass dabei. Warum dieses Jahr gerade "Human Kapital", kann ich nicht nachvollziehen. Vielleicht hat es damit zu tun, dass die Deutschen ein Volk der Dichter und Denker sind und somit im Zweifel eher für ihren sprachästhetischen als für ihren ökonomischen Spürsinn in die Geschichte eingehen wollen.

Human Capital, gedeutet aus der Dienstleistungskultur, ist und bleibt was es ist. Ein Anliegen, Menschen als Produktionsfaktor ernst zu nehmen, diese fundiert und nachhaltig in die entsprechenden Prozesse, zu Gunsten von Kunden, Unternehmen und schlussendlich zu ihrem eigenen, zu integrieren und weiter zu entwickeln. Zugegeben, es gibt verschiedene Interpretationen. Eine solche, wie die Waisen der Sprachwissenschaft ziehen, ist wirtschaftlich unverantwortlich.

Der Stein des Anstosses liegt wohl in der Analogie zum "normalen" = Finanzkapital. Und die scheint mir in der Tat problematisch. Menschen sind nicht so verschiebbar und fungibel und substituierbar wie Kapitel (Kapital kann ich schmerzfrei in Sachwerte tauschen und diese wieder dann wieder liquidisieren), man investiert Kapital, aber man investiert nicht in Kapital, sowie man in Menschen investiert, und eine Formulierung wie Human Kapital würde unter Umständen nahelegen, dass man die Leute investiert, aber eben nicht in sie investiert, nicht investiertes Kapital (=Sparstrumpf) unterliegt immer der Inflation, sein Bestand nimmt jährlich ab (mindestens deshalb ja die permanente Jagd nach Renditen, die wenigestens einen Inflationsausgleich bringen), und der Mensch? Wird der automatisch auch immer "kleiner" = weniger wert? Da gäbe es mit Sicherheit noch mehr Ansatzpunkte, die Analogie auszuhebeln, und das ist ja wohl die Botschaft, wenn man das Wort zum Unwort erklärt. Die Unternehmer sollten also weiterhin in die Menschen ivestieren und diese auch als "humanes Kapital betrachten", dann sollte zumindest eine gewisse Sorgfaltspflicht sicher gestellt sein und der Mensch hat die Chance, sich im Unternehmen zum wertgeschätzten Kapital zu entwickeln.