Innovation

Gas geben und abheben
«Start-up-companies» sind Pionierunternehmen, bei denen sich alles um Aufbau, Innovationen und Wachstum dreht. Sie fordern von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zwar höchsten, aber auch lustvollen Einsatz.

Stellenabbau, Entlassungen, Sozialpläne sind die viel zitierten Massnahmen gestandener Schweizer Unternehmen. Gerade in die entgegengesetzte Richtung gehen so genannte Start-up-companies. Sie sind meist in aufsteigenden, schnell wachsenden Branchen wie zum Beispiel den elektronischen Medien oder in frisch liberalisierten Märkten wie der Telekommunikation zu finden.

Entfaltung Á  la carte
Flexibilität ist das A und 0 in Jungunternehmen. Strukturen, Prozesse und Kultur sind (noch) nicht festgefahren; die Unternehmen werden von den einzelnen Mitarbeitern weitgehend selbst geprägt. Die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten sind gross, die Eigenverantwortung ist hoch und die Freiräume zur Entfaltung der eigenen Kreativität sind fast unbegrenzt. Wo etwas aufgebaut wird, sieht man auch voller Zuversicht in die Zukunft. Dieser Optimismus ist «ansteckend» und verströmt eine positive Stimmung durch die gesamte Organisation. Paradiesische Zustände, aber nicht für alle! Wem dynamische Arbeitsweisen zu hektisch und laufende Strukturanpassungen zu chaotisch sind, sollte sich keine Stelle in einer Start-up-company suchen. Wer höchstes Engagement nicht mag und bekannte Pfade der Risikofreude vorzieht, fühlt sich im innovativen Umfeld nicht wohl. Nicht alle sind für Unternehmen geschaffen, bei denen Flexibilität, Einsatzbereitschaft und Teamfähigkeit die wichtigsten Anforderungen sind. Vor allem jüngere Leute begeistern sich für diese unkonventionelle Arbeitswelt. Erfahrungen zeigen, dass Personen, die in verschiedenen Kulturen aufgewachsen sind - beispielsweise die zweite und dritte Generation von in der Schweiz niedergelassenen Ausländern - sich ausgesprochen gut mit schnell wechselnden Verhältnissen arrangieren können.

Erfindergeist am laufenden Band
Ein Unternehmen auf der grünen Wiese aufzubauen, ist ein reizvolle Aufgabe. Dabei kann man allerdings nicht strikt nach Lehrbuch vorgehen. Erfindergeist ist in allen Bereichen angesagt, auch im Personalwesen. Ohne neue Ideen bei Personal- und Know-how-Beschaffung wäre es nicht möglich, innert kürzester Zeit ein Grossunternehmen von Grund auf zu entwickeln. Innovative Produkte und Dienstleistungen gehören zu den Stärken von Start-up-companies. Diese neuartigen Angebote bedingen oftmals neue Technologien oder ein anderes Verständnis im Kundenservice und damit Berufsprofile, für die noch keine Ausbildungsgänge existieren. Dies führt in schnell wachsenden Start-up-companies zu einem ausgeprägten Engpass an Spezialisten. Geeignete, mitunter auch kreative Lösungen bei Rekrutierung und Wissenstransfer tragen dazu bei, das entsprechende Know-how im Unternehmen zu implementieren.

Know-how-Transfer über Grenzen
Die Beschaffung des Produktionsfaktors Know-how ist für schnell wachsende Start-up-companies erfolgsentscheidend. In frisch liberalisierten Märkten wäre es denkbar, die entsprechenden Fachleute beim ehemaligen Monopolbetrieb abzuwerben. Diesem Vorgehen sind jedoch Grenzen gesetzt. Zu verschieden sind die Unternehmenskulturen und damit die gesuchten Persönlichkeitsstrukturen der Mitarbeiter von Ex-Monopolanbieter und Start-up-company. «diAx» hat sich für eine andere Rekrutierungsstrategie entschieden: Mittels Direct Search werden gezielt Personen aus verwandten Branchen angegangen und über Kontaktanlässe Abgänger von bestimmten Studienrichtungen gesucht. Systematische On-the-job-Trainings und Coaching füllen die Lücken im Anforderungsprofil der neu eingestellten Mitarbeiter. Für den Know-how-Transfer auf die inländischen Mitarbeiter weilen Spezialisten aus den USA und europäischen Ländern vorübergehend in der Schweiz. Langfristig ist geplant, das entsprechende Know-how weitgehend durch Schweizer Mitarbeiter abzudecken. Die Entwicklung von neuen Ausbildungsgängen in Zusammenarbeit mit Bildungsstätten gehört dabei zu den Zielen des Human Resources, genauso wie neue Mischformen von Ausbildung und On-the-job-Training.

Konsequente emotionale Einbindung
Dieses Vorgehen bei der Personalbeschaffung führt kurzfristig zu einem hohen Know-how-Zufluss in die Unternehmung. Die zeitlich begrenzte Anstellung ausländischer Experten fördert jedoch auch die Fluktuation. Für Jungunternehmen ist es angesichts des Know-how-Engpasses umso wichtiger, dass die fest angestellten Mitarbeiter über längere Zeit erhalten bleiben. Eine Aufgabe des Managements besteht deshalb darin, der Fluktuationsgefahr vorzubeugen und entsprechende Anreize zu schaffen. Die Rekrutierung muss dafür sorgen, dass nur Personen eingestellt werden, die zu einer Start-up-company passen. Es empfiehlt sich, die Persönlichkeitsstrukturen von Bewerbern in einem standardisierten Verfahren und mittels Jobsimulation auf deren Eignung zu prüfen. Sind die Mitarbeiter eingestellt, müssen sie emotional eingebunden werden. Nachwuchsförderung und Karriereplanung sind dabei wichtige Elemente. Veränderungen und Strukturanpassungen können beim Personal Unsicherheiten auslösen. Die Verankerung und glaubhafte Pflege der Unternehmenskultur hat deshalb einen hohen Stellenwert. Sie muss trotz ständig ändernden Situationen eine gewisse Geborgenheit und Konstanz vermitteln, aber auch gemeinsame Normen und Wertvorstellungen, die zur Start-up-company passen. Mehrsprachige, multikulturelle Gemeinschaften machen die Festlegung von Werten und Normen, die für alle stimmen, zu einer besonderen Herausforderung. Eigene Wege zu wagen ist auch in diesem Fall fruchtbar.

Quelle: Markus Zürni, zuerni(at)diax.ch, Markus Zürni ist Head of Human Resources bei «diAx».